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Heinrich der II. beurkundete die Übertragung eines verlehnten Gutes in Ossmannstedt an die Merseburger Kirche (Magdeburg, Domstiftsarchiv)
Blick in eine Ölmühle
Bereits aus der ersten urkundlichen Erwähnung Ossmannstedts (Atzmanstet) im Jahre 956, ergibt sich, dass zur Burg auch eine Mühle gehört. Bestätigt wird das u. a. durch einen Lehensbrief von 1487 an die Harrasritter und aus einem Vertrag von 1524, wonach den Bauern von Ossmannstedt und Ulrichshalben die Frohndienste zu den Wehr- und Wasserbauten der Mühle in Ossmannstedt mit Wagen, Pferden und mit der Hand neu auferlegt worden sind.
Heinrich der II. beurkundete eines verlehnten Gutes in Oßmannstedt an die Merseburger Kirche (Merseburger Domstiftsarchiv)
Auch zum Rittergut in Ulrichshalben bestanden enge Verbindungen. In einem Lehensbrief von 1683 wird ausdrücklich festgelegt, dass die Mühle in Ossmannstedt eine Zwangsmühle sei und die „Untersässigen zu Ulrichshalben darin zu mahlen schuldig sind“.
Über Jahrhunderte hinweg waren die jeweiligen Herrschaften von Ossmannstedt und Ulrichshalben unter anderem auch mit dem Privileg ausgestattet, unentgeltlich „Mahlen, Schroten, Ölschlage, Backen und Braten“ zu dürfen. Die Mühle war somit ein Teil des Rittergutes. Die Reste der alten Burg sind noch heute zu erkennen.
Die Thüringer Sintflut (1613) und der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) haben auch in Ossmannstedt tiefe Spuren hinterlassen. Schon 1640 waren von 70 Häusern nur noch 34 bewohnt und die Bevölkerungszahl auf 76 herabgesunken. Ab 1718 geht das Harrassche Lehngut durch Erbschaft, Kauf und Tausch an die Freiherrliche Familie von Marschall über. 1724 wird berichtet, dass die „zum Gut gehörige Mahl- und Ölmühle“ in einem sehr baufälligen Zustand sei. Wegen Geldmangel wurde die Mühle als ein Erb- und Zinslehen an Andreas Grützrott (oder Grüntzenrodt) vergeben.
Die Jahreszahl 1762 und Angaben IC (Johann Christian) und ST (Stock) über einenm Kellereingang auf dem Mühlengelände
Am 30. März 1728 sind die oberhalb der Mühle befindlichen herrschaftlichen Gebäude abgebrannt und wurden nicht wieder aufgebaut. 1729 wurde die Mühle von Georg Heinrich Güntzenrodt käuflich erworben. Dadurch wurde die Mühle erstmals von dem Rittergut getrennt. Dies geschah aber ohne vorherige Einwilligung des fürstlichen Lehnherren. Deswegen wollte Herzog Ernst August 1733 die Mühle wieder „administrieren“ lassen. Der Gutsverwalter berichtet 1736, „die Mühle liegt darnieder und sollte wieder zum Rittergute geschlagen oder verkauft werden.“
Gewüölbestützmauer
1744 musste“ die Familie Marschall das Gut unter Wert an den Herzog zurück gegeben. Vor 1749 hat dann der Müller Johann Christian Stock die Mühle in Ossmannstedt käuflich erworben. Dieser hat auch die Mühle wieder aufgebaut und renoviert. In Rechtsstreitigkeiten zwischen dem langjährigen Rittergutspächter Zacharias Starck und dem Eigentumsmüller Stock wegen Freimahlens und Holznutzungen, die bis in das Jahr 1749 zurückreichen, werden die frühere Pächterin der Ossmannstedter Mühle, Anna Dorothea Densteterin, und der ehemalige Mühlenbesitzer Hanß Heinrich Günzerodten zu Ehringsdorf als Zeugen benannt.
"Die Mühle in Oßmannstedt als Vorwerk zum Rittergut" - Phantasiezeichnung von H. Lies aus dem Jahr 1950
Müllermeister Johann Philipp Cämmerer, aus einer alten Müllerfamilie in Auerstedt stammend, erwarb die Mühle 1794 von den „Stockichen Erben und zwar von Meister Christian Stocken“. Seine Ehefrau Elisabeth, geb. Stock, stammte aus der Lottenmühle in Weimar (heute Pfarrhaus der Katholischen Kirche).
Zu dieser Zeit befand sich auf dem Grundstück eine Mahl- und Ölmühle. Zu den damaligen Verpflichtungen gehörte die Zahlung eines Mühlenerbzinses, zunächst noch an das Rittergut und ab 1799 an die Gemeinde. Die Zahlungen dieses Mühlenerbzinses und anderer Abgaben seit 1794 bis zum ersten Weltkrieg sind belegt.
Kaufvertrag von 1794
Im Kaufvertrag, den Christoph Martin Wieland am 29.12.1797 mit der Gemeinde über den Kauf eines Teils des Gutes Ossmannstedt schloss, ist u. a. ausbedungen worden, dass er in der Mühle kostenlos mahlen, schroten und Öl schlagen lassen kann.
Von der Großherzoglich-Sächsischen Landesdirektion ausgestellter Reisepass für Willhelm Cämmerer, 1823
1825 kauft Christian Wilhelm Philipp Cämmerer von seinem Vater Johann Philipp Cämmerer „die allhiesige Mahlmühle mit drei Gängen, Oel- und Graupenmühle, Stallung, Hof und Garten (nebst vier Stück Wiese). Er musste auch den Mühlenerbzins von jährlich 200 Mfl. Und sechs Scheffel Kleie an das Rittergut übernehmen.
Ablösung des Mühlenerbzinses, 1867
Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1857 übernimmt Hermann Albrecht Cämmerer die Mühle. Dieser hat den Mühlenerbzins am 30.06.1867 durch Zahlung von 3556 Thaler an die Gemeinde Ossmannstedt abgelöst. Ab 1901 wird das Müllerhandwerk durch seinen Sohn Paul Hugo Alexander weiter betrieben. Hermann Albrecht Cämmerer und seine Ehefrau Therese Auguste Dorothea, geb. Roltsch, ziehen sich auf Altenteil nach Weimar zurück, wo sie auch gestorben sind.
Ölmühle
Paul Hugo Alexander Cämmerer betreibt die Mühle bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahre 1929. Inhaberin der Mühle wird seine Witwe Auguste Helene Margarete Cämmerer, geb. Fischer. Die Geschäfte führt ihr Schwiegersohn Dr. Rudolf Clauder, der Ehemann ihrer ältesten Tochter Margarete. Dieser hat die Turbine der Mühle umbauen lassen und als Müllermeister Herrn Weißbrodt 1929 eingestellt.
Familie Paul Cämmerer 1910
Im Wehrgarten, 1915
Ihr Sohn Helmuth Herrmann Albrecht Cämmerer har zunächst Kaufmann gelernt und lebte bereits seit 1925 in Spanien. Dort besuchte sie ihn.
Mühle und Turbine
Im Sommer 1934 kehrt er nach Deutschland zurück und wird ab April 1935 alleinverantwortlicher Geschäftsführer der Firma Paul Cämmerer Walzenmühle, Gedreide und Futtermittel. Nach dem Tod seiner Mutter am 29. Mai 1935 wird er Alleineigentümer.
Versicherungsschein
Dr Rudolf Clauder hat 1935 die Handelsmühle in Denstedt erworben. Das Müllerhandwerk wird dort – bis heute – durch seinen Sohn Horst Clauder und seinen Enkel Ralf Clauder weiter ausgeübt.
Festumzug 1934
1937 heiraten in Ulrichshalben Ruth Zeitz, die Tochter des Rittergutpächters Franz Zeitz, und Helmuth Cämmerer.
1940
Mahlstöcke
Nachdem das Rittergut in Ulrichshalben im Zuge der Bodenreform 1946 zerschlagen und das herrschaftliche Wohnhaus abgerissen worden ist, sind Franz und Erna Zeitz in der Mühle in Ossmannstedt zunächstnotdürftig untergebracht worden. Auf dem Mühlengrundstück leben inzwischen neben der Familie Cämmerer die Müllerfamilie Weißbrodt, die Hebamme Frau Erhard und weitere Familien, die nach dem Krieg ihre Heimat verloren hatten (u. a. Hirschmann, Scholich, Riedel, Hilscher).
Müller Weißbrodt
Im Zuge der durch den verschärften Klassenkampf in der jungen DDR ergriffenen Maßnahmen sind Helmuth und Ruth Cämmerer zusammen mit ihrer fünf Kindern im April 1953 über Westberlin in die Bundesrepublik geflüchtet. Dort ist Helmuth Cämmerer am 14.03.1955 verstorben. Die Mühle mit Bauerngut wird 1953 in Volkseigentum überführt und der LPG „Deutsch-Sowjetische-Freundschaft“ übergeben.
Familie Cämmerer, 1950
Damit endet nach mehr als 200 Jahren die Müllertradition der Familie Cämmerer in Thüringen.
Turbine
Die LPG hat die Mühle in Ossmannstedt zunächst weiter betrieben. Verantwortlicher Müllermeister ist nach wie vor Herr Weißbrodt, der bis zu seinem Tod im Jahre 1986 in der ehemaligen Ölmühle gelebt hat.
Wally Friedrich und Johannes Cämmerer 1974
In den anderen Wohnungen werden Mitarbeiter der LPG mit ihren Familien untergebracht. Auf der Wiese werden vorübergehend Hühnerställe errichtet, die aber nach einem größeren Hochwasser wieder werden. Zuletzt wurde die Mühle nur noch als Schrotmühle genutzt. Nach einem weiteren Hochwasser entschloss man sich, die Mühle abzureisen.
Hochwasser an der Ilm und Rettung der Hühner
1982 wurde ein Teilabbruch wegen „akuter Baufälligkeit sowie der Beseitigung öffentlicher Gefahr für Leben und Gesundheit der Bewohner und Anlieger notwendig“ und mit Prüfbescheid vom 28.08.1982 durch die staatliche Bauaufsicht des Kreises Apolda genehmigt.
nach dem Abriss
Das Wehr und das Mühlengebäude sind verschwunden. Im verbliebenen Wohnteil konnten zwei Wohnungen und ein Übernachtungszimmer für Mitarbeiter erhalten werden. Das ganze Restgebäude ist neu verputzt worden. Um das Grundstück besser zugänglich zu machen, hat man den Mühlgraben mit dem Abrissmaterial teilweise zugeschüttet. Die übrigen Betriebsgebäude sind danach kaum genutzt worden. Sie waren dem Verfall preisgegeben und sind nach und nach auch teilweise verschwunden. Damit endet nach über tausend Jahren die Mühlengeschichte in Ossmannstedt.
Nach der Wende sind die Mühlengrundstücke an die Familie Cämmerer zurückübertragen worden. Johannes Cämmerer hat sie 1993 übernommen. Die beabsichtigte Rekonstruktion der ehemaligen Scheune und des Pferdestalls als Wohnhaus konnte nach dem Einsturz des Kreuzgewölbes nicht mehr verwirklicht werden. Dafür wurden die übrigen Wohnhäuser renoviert und der Hof und die Außenanlagen in einen ansehnlichen Zustand versetzt. An den übrigen Gebäuden un Mauerresten werden Bestandsicherungsmaßnahmen durchgeführt. Anstelle der ehemaligen Mühle steht nun auf den Resten der Turbine zur Erinnerung eine Schrotmühle, die demnächst auch wieder „rattern“ kann.
Rekonstrucktion von Hof und Ölmühle
Aus einer Tafel an der Orgel ergibt sich, dass Johann Philipp Cämmerer 1810 maßgeblich an dem Einbau der Witzmannorgel in der Peterskirche in Ossmannstedt mitgewirkt hat. Dies ist auch für den derzeitigen Inhaber eine Verpflichtung, sich für den Erhalt der fast 200jährigen Orgel einzusetzen.
2001
Seit dem Jahr 2000 werden von der Ev.-Lutherischen Kirchgemeinde Ossmannstedt regelmäßig Konzerte, Lesungen, Ausstellungen und Theateraufführungen zu Gunsten der Witzmannorgel durchgeführt. Die Mitwirkenden und zahlreiche andere Gäste werden teilweise in der Mühle untergebracht und bewirtet.
Zu den Übernachtungsgästen zählten die Schriftsteller Klaus Günzel und Frau, Peter Härtling und Familie, Prof. Dr. Günther von Bünau und Frau, Prof. Dr. Klaus Schäfer und Frau und die Leiterin des Wielandmuseums Biberach, Frau Viia Ottenbacher mit ihrem Ehemann. Nach der Veranstaltung „erholten“ sich in froher Runde u. a. Prof. Dr. Jan Reemtsma, Prof. Dr. Klaus Manger, Stiftungspräsident Helmut Seemann, Dr. Egon Freitag, Dr. Rosalinde Gothe, Gisela Schlüter, die Gesangssolisten Susanne Krumbiegel, Noriko Kimura, Mario Hoff, die Dirigenten Gotthold Schwarz und Wolfgang Kupke, die Instrumentalisten Prof. Wally Hase, Prof. Thomas Müller-Pering, Nora Buschmann, Caterina Lichtenberg, Alexander Voynov, Yun Sun, Bernadette Wundrak und zahlreiche andere Musiker des Gewandhausorchesters Leipzig, der Staatskapelle Weimar, der Philharmonie Jena und anderer Orchester.
Hofkonzerte
Im Jahre 2001 war im Mühlenhof und in der Scheune die Theaterpremiere mit den Schülern des Goethegymnasiums Weimar und der „Kleinen Bühne Groß-Schwabhausen“, die zu Pfingsten 2006 mit dem Stück „Der fröhliche Weinberg“ von Carl Zuckmayer fortgesetzt wurde. Dazu ist eigens die Laienspielgruppe des TSV Wackernheim aus der Nähe von Mainz angereist. Nach der Renovierung der Scheune werden dort ab 2005 Kunstausstellungen dargeboten. Die Künstler Peter Stechert, Jörg Reinhardt und Karsten Kunert präsentieren Malerei, Installationen und andere Techniken. Weitere Ausstellungen und Theateraufführungen sind in Vorbereitung.
Bildende Kunst
Theateraufführung 2006 "Der fröhliche Weinberg" von Carl Zuckmayer
Das neu gegründete Dorftheater Oßmannstedt führt im Jahre 2007 mehrfach das Lustspiels „Der zerbroche Krug“ von Heinrich von Kleist auf.
Dachsanierung und winterliche Landschaft
Im Jahre 2009 wird das wird das von Christine van der Heide für den Mühlenhof geschriebene und inzenierte Theaterstück „Der Mann im Berg“ aufgeführt.
Austellung Zeichnungen von Jürgen Postel, Weimar „Entlang der Ilm in Weimar und im Weimarer Land“
Renovierung Außenfassaden
Der Wiederaufbau bleibt nicht ohne Rückschläge Einsturz der Stützmauern
Teilnahme an „Offene Gärten 2010“ als Eröffnungsgarten
Ausstellung Malerei und Plastiken Diana Gräßer-Hartung, Erfurt
mit musikalischer Umrahmung durch Johannes Gräßer, Neumann und Freunde
Bellmannabend in der Scheune
Beginn Wiederaufbau Stützmauer 2011
Januarhochwasser 2012 mit Paddeln auf den Ilmwiesen
Impressionen vom Tag der offenen Gärten und der ...
... Gemeinschaftsausstellung „Erlebtes und Erdachtes“
der Künstler Diana Langbein; Christine van der Heide; Michael Lenhardt;
Jürgen Postel; Jörg Reinhardt, Peter Stechert und Dieter M. Weidenbach
Kunstgenuss
Fertigstellung Stützmauer 2013
Sommerhochwasser
Gemeinschaftsausstellung von Peter Stechert, Öttern ...
... mit Michael Lenhardt, Weimar
Tag der offenen Gärten und Ausstellung
Sanierung Teich
Aushub Teich
Gemäldeausstellung von Christine van der Heide Schneider
Picknick Kunstverein Weimar mit Künstler Dieter M. Weidenbach
Ständchen Kirmesgesellschaft
Mühlenhofführungen für Kinder und Erwachsene
Kunst in der Tenne mit Dieter M. Weidenbach und Familie Becker, Weimar
Heinz-Erhardt-Abend
Heinz-Ehrhardt-Abend mit Udo Prucha und Lydia Roscher
Offene Gärten 2017 mit Apolda
Sommerfest zum 10. Hochzeitstag von Gudrun und Uwe
Familienclan
Otto Reutter Abend mit Hans-Peter Henning und Tatjana Ritter, Akkordeon
Tanz in der Tenne
Tanz in der Tenne mit „Kani“ Kanold und Damenballett aus Kromsdorf
Liedermacher Jürgen Postel und Günter von Dreyfuss
Abendstimmung am 13.11.2017
„Traumzauberin“ Monika Ehrhardt-Lakomy im Geburtsort Oßmannstedt
Bienenweide
Auch wenn es in der Mühle kein Mehl mehr gibt, unter der Bezeichnung „Kunst in der Tenne“ ist sie auch künftig ein Ort der Begegnung. Lassen Sie sich überraschen.
Ritter Harras ... der kühne Springer